Landesgartenschauen
Bereits seit 1951 nutzen Kommunen und Gartenbauausstellungen regelmäßig dazu, nachhaltige Investitionen durch Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsprozesse in Städten und Regionen anzustoßen.
Zu Beginn galt es vor allerm, zerstörtes Stadtgrün als Kriegsfolgen zu reparieren. Die Aufgabengebiete wurden in den folgenden Jahren stetig erweitert (Neuanlage von Stadtparks und Grünzügen, Schaffung von Sport- und Freizeitanlagen u.a.). In den 80er Jahren kamen weitere Aufgaben hinzu, wie Maßnahmen zur Renaturierung, Rekultivierung und die Rekonstruktion von Garten- und Naturdenkmalen. Die Veranstalter konnten in diesem Rahmen bis heute schon sehr viele dieser Aufgaben und Herausforderungen lösen und bewältigen, wie Hochwasserschutzkonzepte, Wohnumfeldverbesserungsprozesse, die Entwickung von Konversionsflächen und vieles mehr. Besonders bedeutend sind dabei immer Zugewinn und nachhaltige Entwicklung von innenstadt- oder stadtnahen Grünflächen.
Eine Gartenschau ist aber auch eine Messe des gärtnerischen Berufstandes, die als halbjähriges Gartenfest Freude bereiten soll.
Voraussetzungen für erfolgreiche Bewerbung
Mit den vorhandenen und verfügbaren Flächen am Neckar hat die Stadt Nürtingen gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung. Von der Wörth-Brücke bis nach Zizishausen sind zusammenhängende Flächen vorhanden, die dauerhaft als Grünflächen mit unterschiedlichen Nutzungen auch zentrumsnah entwickelt und gestaltet werden könnten. Mit welcher Idee kann oder soll die Stadtentwicklung 30 Jahre nach der Jahrtausendwende in Nürtingen angegangen werden? Wie kann eine konzeptionelle Stadtentwicklung gelingen und unser Befinden und Empfinden zur Natur zum Ausdruck bringen? Mit der Gestaltung oder Verknüpfung von Restflächen wird dies nicht gelingen.
Für eine erfolgreiche Bewerbung und Realisierung müssen wir stattdessen
- Alle Aspekte ausgewogen und angemessen gewichten
- Die Hochschule HfWU einbinden
- finanzielle Rahmenbedingungen sicherstellen
- die begeisternde Unterstützung der Bevölkerung nutzen und integrieren
Potenziale für städtebauliche Erneuerung und Schaffung von Grünflächen
Stadtsoziologisch verfügt jede Stadt über ein Kapital, das sich nicht oder nur bedingt transformieren und einkaufen lässt. Bei der Analyse des Standortwettbewerbes von Städten wird zwischen kreativem, sozial-kulturellem und geografischen Kapital unterschieden. Die geographische Lage, das landschaftliche Umfeld und die Qualität der gebauten Stadt bilden das geographische Kapital! Die Flächen am Neckar stellen ein besonderes Kapital für Nürtingen dar und müssen deshalb ganzheitlich, nachhaltig und sensibel entwickelt werden. Eine unangemessene Bebauung auf der einen Seite und sehr undifferenzierte bzw. widersprüchliche Entwicklungen auf der anderen Seite sind kein stimmiger und erfolgversprechender Umgang mit diesen Flächen.
Mit den vorhandenen Flächen am Neckar (Wörth, Psychiatrie, Neckarstraße, Festwiese, Hochwiesen u.a) stehen potenziell Flächen zur Verfügung, die für die Bürgerschaft von besonderer Bedeutung sind. Diese Flächen am Neckar mit Verbindung zur historischen Altstadt und der besonderen Lage der Stadt am Fuße der Schwäbischen Alb sind besondere Potenziale, die Nürtingen von anderen Bewerben abheben können.
Beim langfristigen Ansatz einer städtebaulichen Erneuerung mit einer Gartenschau muss man angesichts des geographischen Potenzials in Nürtingen (Neckar – Albtrauf - Hügellagen) die Qualitäten der Lage im Raum zu nutzen. Nur auf sich selbst bezogene Einzelelemente darzustellen würde dem nicht gerecht. Die Lage am Neckar mit den noch vorhandenen und verfügbaren zentrumsnahmen Freiflächen gehört zum Tafelsilber der Stadt und ist für eine nachhaltige Stadtentwicklung wertvoll. Dem immensen Druck auf diese Flächen (Wohnen, Freiflächen, Hochwasserschutz) muss man sensibel , ausgewogen und immer mit dem Bezug zur Qualität und Besonderheit der historischen Altstadt begegnen. Auch das Bewusstsein für diese Besonderheiten und Eigenheiten im Stadtgebiet muss man schärfen.
Ablauf des Bewerbungsverfahrens und Finanzierung
Damit das Bewerbungsverfahren von Erfolg gekrönt ist, müssen in ausreichendem Maß geeignete Flächen für die Planung bereitgestellt werden. Noch sind nicht alle in Frage kommenden Flächen im Besitz der Stadt. Aber anstatt einen Bebauungsplan für das ehemalige Psychiatriegelände nach dem Geschmack des Innvestors zu verabschieden, könnte die Stadt Verhandlungen über den Rückkauf dieser Flächen aufnehmen.
Grundlage jeder Gartenschauplanung und Realisierung ist ein realistisches Finanzierungskonzept. Um dieses frühzeitig zu erreichen, müssen potentielle Flächen und Gebiete bereits im Rahmen von Beteiligungsprozessen mit Standards und Kostenrahmen für die Vorhaben mit der Bürgerschaft beraten werden.
Die erfolgreichen Städte und Regionen bedienten sich für die notwendigen Investitionen immer einer bewährten Kombination von Förderprogrammen der Länder (Mittel des Bundes und der EU eingeschlossen) ergänzt durch kommunale Eigenanteile sowie weiterer Haushaltsmittel, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren als „Ansparmodell“ geplant wurden. Hinzu kommen direkte Einnahmen aus der Durchführung der Gartenschauen, ergänzt um Drittmittel von Sponsoren, Stiftungen usw.
Dauerhafter Erfolg
Damit eine langfristige und wirksame Stadtentwicklung und die erforderliche städtebauliche Erneuerung und Verbesserung realisiert werden können, darf kein Projekt WEGEN der Gartenschau umgesetzt werden. Diese Leitlinie muss als Bekenntnis und Grundsatz einer Gartenschau gelten. Sie verdeutlicht das Bestreben, verantwortungsvoll mit den finanziellen Möglichkeiten umzugehen und die Bürgerschaft als Mittragende dafür zu gewinnen. Steuerzahler und Sponsoren sollen die Legitimation erkennen können, weshalb ein halbjähriges Ereignis großzügig unterstützt wird. Auch zeitliche Faktoren dürfen als Argument nicht vorgetragen werden, da eine Gartenschau nur die Zeitschiene einer langfristigen Stadtentwicklung dokumentiert bzw. präsentiert.
Konsens
In einer Zeit, in der sich partikular-Interessen oft energisch zu Wort melden, ist es meist schwierig, große und weiträumige Entwicklungsprozesse umzusetzen. Minderheits-Voten abzubügeln oder aber von oben herab autoritär zu übergehen hat in Nürtingen wie aber auch in anderen Städten in Deutschland Tradition.
Für den Prozess, mit dem man auf individueller wie administrativer Ebene zu einer abgestimmten Willensbildung kommt, gibt es kein sicheres Patentrezept, aber inzwischen erprobte Methoden, die für die Eigenheiten Nürtingens passen. Auch aus den Fehlern der Vergangenheit kann man lernen und die Vorgehensweise weiterentwickeln und verbessern.